Winzer des Monats: Gernot Kollmann.

Bericht unter www.captaincork.com von Manfred Klimek.

Ein Neustart, eine Vermutung, ein Vorschuss. Gernot Kollmann ist seit 2009 Önologe des Weinguts Immich-Batterieberg. Und er wird den deutschen Riesling maßgeblich verändern. Wenn man ihn lässt.

Die Winzer des Monats beim Captain sind immer aussergewöhnliche Winzer. Önologen oder önologische Quereinsteiger, die für eine Idee oder eine Richtung stehen. Oder einfach nur für sich selbst. Gernot Kollmann ist kein Quereinsteiger, auch kein engagierter Amateur, wie man ihn hier schon finden konnte; Gernot Kollmann ist ein Profi, wahrscheinlich einer der besten Winzer Deutschlands Er arbeitete nach abgeschlossenen Weinwirtschaft-Studium für das Bischöfliche Weingut in Trier. Als Berater bei Knebel. Und davor auch bei Van Volxem, einem ausgewiesenen Lieblingsweingut des Captains und im Rotweinbereich bei Jakob Sebastian an der Ahr.

Seit einem Jahr arbeitet Kollmann beim Weingut Immich-Batterieberg, einem der ältesten und berühmtesten Weingüter in Enkirch an der Mosel. Zuletzt war Immich-Batterieberg in der Gunst der Konsumenten und Kritiker stark gesunken, ein Eigentümerwechsel (das Weingut gehört seit wenigen Monaten zwei Hamburger Familien) sorgt nun für gewisse Stabilität. Und Gernot Kollmann muss den einst so guten Immich-Ruf wiederherstellen. Mit seinem ersten Jahrgang, dem Jahrgang 2009.

2009: Das ist der Beweis (Tocotronic)

Immich-Batterieberg ist den meisten deutschen Weintrinkern ein Begriff, weil sie das Label gut kennen, das Etikett von Immich, kurios, putzig und kriegerisch zugleich: Zwei kleinwüchsige Engel ballern mit einer Kanone, die eine Weinflasche als Rohr hat, auf ein imaginäres Ziel hinter satt bestückten Weinreben. Der Batterieberg, die Spitzenlage der langjährigen Besitzerfamilie Immich, hat seinen Namen von seiner „Gestaltung“, er wurde Mitte des vorletzten Jahrhunderts mit mehreren Sprengbatterien zur Weinlage „geformt“. Heute würden die Grünen daraus ein Wahlkampfthema machen und die Familie Immich könnte wohl auswandern.

Mit den neuen Besitzern wurde alles überarbeitet, auch das einprägsame Etikett. Diese gelungene Modernisierung sollte einigen Weingütern mit ähnlicher Problematik (z.B. Knoll in der österreichischen Wachau) ein gutes Beispiel sein. Wesentlich moderner noch ist der Zugang zum Wein. Die neuen Eigentümerfamilien scheinen gewillt zu sein, mit dem Winzer Kollmann einen spektakulär andersartigen Weg einzuschlagen.

Der Captain kann wenig über Kollmanns ersten Jahrgang berichten, er hat nur eine Flasche, den Riesling Kabinett C.A.I. 2009 zugespielt bekommen. Von jemandem, der es gut mit dem Captain meint. über diesen Wein dann morgen mehr. Doch der Wein alleine zeigt schon, was sich da andeutet. Ein Richtungswechsel, eine Zeitumstellung. Aber auch eine Korrektur, eine Konfliktprognose. Alles kann anders werden. Und: Es ist ein ungewöhnlicher Weg.

Gebote brechen, Neues festigen

Kollmann bricht mit vielen Geboten, nimmt aber den Ball der Tradition auf. Immich-Batterieberg sieht seine Weine im Gefolge der Bezeichnung „naturrein“, eine Darstellung, die bei der Deutschen Weinrechtsreform von 1971 ad acta gelegt wurde. Kollmann setzt auf Spontanvergärung und vermeidet jede Hilfestellung, also Zuchthefe, Enzyme, Eiweißstabilisatoren und Klärhilfen. Die Weine liegen lange auf der Hefe und werden entweder im Stahltank oder im großen Holzfass ausgebaut.

Trocken und Terroir

Was folgt, sind ungewöhnliche Säfte, Weine, die so gar nicht in der (imaginierten) Tradition der Mosel ankern. Kraftvolle und mineralisch-terroirbetonte Weine (Schiefer), die sich durch zurückhaltende Säure und lange Lagerfähigkeit auszeichnen. Und der neue Weg ist wohl auch eine mögliche Abkehr von der Restsüße, ein Hinwendung zum trockenen Riesling. Mit allen Folgen, vor allem in durchwachsenen Jahrgängen. Wer sich das traut, muss seinem Handwerk trauen. Kollmann tut das.

So steht Kollmann und Immich-Batterieberg für die Erkenntnis, dass sich etwas ändern muss, damit alles gleich bleibt. Die Tradition dieser wohl traditionellsten Weinregion Deutschlands bleibt der Leitartikel des ständig neu zu schreibenden Blattes. Doch die Chefkommentatoren wechseln. Gerade eben wieder.