Wild und wurzig.

Stephan Reinhardt via www.weinwisser.com

SR. – Das Enkircher Weingut wurde im Jahre 911 erstmalig urkundlich erwähnt und war zwischen 1425 und 1989 im Besitz der Familie Immich. Seit 2009 gehört es zwei Hamburger Familien, die Gernot Kollmann zum Betriebsverwalter und Kellermeister machten.

Die kleine Gemeinde Enkirch verfügt über vier erstklassige Lagen, die bereits in der preussischen Kartierung von 1868 herausgehoben wurden: Steffensberg, Ellergrub, Grub Zeppwingert und Batterieberg. Immich-Batterieberg hat in allen vier Lagen Besitz, insgesamt 5 Hektar, nichts als Riesling, 90 % davon sind wurzelechte Reben. Die Böden spielen sämtliche Schieferfarben von Grau bis Rot durch. Im Batterieberg kommen Quarzite dazu, den feinsten Schiefer aber findet man in der steilsten Lage, der Ellergrub.

Kollmann bewirtschaftet seine Flächen ökologisch, die Ertragsreduzierung erfolgt allein mit dem Anschnitt im Winter. Im Jahrgang 2009 betrug der Gesamtertrag lediglich 35 hl/ha, jahrgangsbedingt (verzettelte Blüte), aber auch wegen der alten Reben, die im Durchschnitt mindestens 60 Jahre alt sind. Die Lese erfolgt in kleinen roten Bütten, nach der Mühle kommt die Maische für 2-24 Stunden auf die Presse, der Most geht dann per Falldruck für 3-24 Stunden in Edelstahltanks zum Klären. Klärhilfen und Schönungsmittel wie andere Zusätze werden nicht verwendet. Die Vergärung erfolgt spontan im Edelstahl sowie in gebrauchten Barriques, da die alten Fuderfässer nicht mehr zu gebrauchen waren. Wir haben Kollmann Ende September besucht, die meisten Weine waren da gerade erst abgefüllt.

2009 CAI Kabinett: 11,5 Vol.-%. Von jüngeren, etwa 40-jährigen Weinbergen. Helles Strohgelb. Saftige Rieslingfrucht mit würzigen Sponti-Noten und zartem Schieferton. Vollmundiger Gaumen mit feiner Schieferrasse und salzigem Finale, deutliche Restsüsse, intensiver, recht nachhaltiger Geschmack. Sehr guter, recht fülliger Kabinett. (9 EUR) 16/20 trinken -2020

2009 Steffensberg: Gemischter Schiefer mit höherem Anteil von rötlichem Schiefer, tieferer Boden als sonst. Die Lage wurde flurbereinigt, allein die unterste Parzelle blieb verschont, daher gibt es hier noch wurzelechte Reben. Ausschliesslich von deren Trauben stammt dieser Wein, während die anderen Trauben im Escheburg oder CAI verarbeitet werden. Nur 4 g Restzucker, 12,5 Vol.-% Alk. Holzfassvergärung und -ausbau in fünf alten Barriques. Kräftiges Gelb. Tiefe, substanzreiche, würzig-mineralische Nase mit satter, saftiger Stein- und Kernobstfrucht, reife Birnen, mit mehr Luft feine Kräuternoten vom roten Schiefer. Stoffiger , aber gnadenlos trockener Gaumen mit leichtem Hefeschmelz und zarter Barriquewürze, besitzt viel mineralische Substanz und eine noch zurückhaltende Frucht. Im Ende fehlt die Länge. Dekantiert besser? (22 EUR) 16+/20 2013-2022

2009 Batterieberg: Je zur Hälfte im Edelstahl und in gebrauchten Barriques ausgebaut. 12 Vol.-%, 16 g Restzucker. Recht ausgeprägte Sponti-Würze, kühle Mineralik, helles Kernobst, Knäckebrot, mit mehr Luft immer feinduftiger werdend, getrocknete Apfelringe. Am Gaumen mit spürbarer Fruchtsüsse und angenehm mineralischer Fülle, elegant, reife Säure, pikant, schöne puristische Länge, ausgewogen. (22 EUR) 17/20 2016-2030

2009 Ellergrub: 80 % Barrique, 20 % Stahl. Extrem flachgründiger Schieferboden, stark verwitterter grauer und blauer Schiefer, nur wenig roter und wenig Quarzit. Klares helles Gelb mit grünlichen Reflexen. Sehr feines Rieslingbouquet, kühle, klare Schiefermineralik mit deutlichen Kräuternoten und feiner reifer Frucht von weissem Kern- und Steinobst. Am Gaumen schlank, aber fest, komplex und nachhaltig. Zeigt einen tollen Purismus mit feingliedriger Rasse, delikater Mineralität und einer bemerkenswert feinen Fruchtausprägung. Geradlinige Eleganz. (24 EUR) 17+/20 2018-2030

2009 Enkircher „Escheburg“: Dieser Wein ist die Synthese aller Toplagen, aber eben deren B-Selektionen. Doch auch für diesen Wein werden nur Trauben verwendet, die von wurzelechten Reben stammen. 90 % Edelstahl. 11,5 Vol.-%, 29 g Restzucker. Kräftiges Gelb. Satte, gelbfleischige Frucht mit feiner Schieferwürze, wild. Saftiger, mineralisch strukturierter Gaumen, leicht salzig, reifer und getrockneter Apfel, schöne Länge, sinnlich. Spassig und komplex zugleich. 4 000 Flaschen. (14,50 EUR) 17/20 trinken -2030

2009 Batterieberg Auslese: 100 % sauber ausgelesene Botrytis, 128 g Gesamtalkohol, 100 g Restzucker, 10 Promille Säure, 9 Vol.-% Alk. Kollmann: „Ich will etwas Weiniges im Süsswein haben. Diese Schmerzen an den Zähnen brauche ich nicht. Auch nicht diese in der Gärung gestoppten Fruchtkörbe.“ Sehr helles Gelb. Sehr klare und feine Frucht. Am Gaumen delikat und vornehm, dichtes, fein strukturiertes Fruchtfleisch, feinste Rosine, sehr klar und angenehm rassig, filigraner, hochfeiner und eleganter Typ, enorm trinkig. Delikater Nachhall. (48 EUR/0,375 l) 18/20 2020-2040